Broschüre "75 Jahre Hietzing 1921 - 1996"
Carl Schlechter
Die Geschichte der internationalen Carl-Schlechter -Gedenkturniere
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Im Jahre 1923 beschloss der Österreichische Schachverband der heute Österreichischer Schachbund heißt, unter der Ägide seines tatkräftigen und sportbegeisterten Präsidenten, Professor Dr. Josef Emil Krejcik, durch Veranstaltung eines Internationalen Schachturniers der österreichischen Schachbewegung einen neuen Impuls zu geben und dem durch den ersten Weltkrieg und seine Folgen etwas verblassten Ruhme Wiens als mitteleuropäischer Schachmetropole neuen Glanz zu verleihen. Dass er dieses Turnier dem Andenken an den im Dezember 1918 in Budapest an einer Lungenentzündung zu früh verstorbenen Großmeister Carl Schlechter, dem größten Schachspieler, den Österreich hervorgebracht hat, widmete, war ein fast selbstverständlicher Akt der Pietät und Dankbarkeit. So begann am 15. November 1923 im Café Central in der Herrengasse in Wien das "Internationale Carl-Schlechter-Gedenkturnier", zu dem 14 Meister aus Deutschland, Ungarn der Tschechoslowakei, Jugoslawien und Österreich eingeladen wurden, von denen allerdings nur 12 zum Turnier antraten, da der Preßburger Meister Walter infolge Verkehrsschwierigkeiten erst nach der Auslosung eintraf und der in Wien lebende jugoslawische Jungmeister Vukovic absagte, sodass sein schachlich mächtig aufstrebendes Heimatland leider ohne Vertretung blieb.
Der anonyme Chronist des Turniers erwähnt mit berechtigtem Stolz, dass der Österreichische Schachverband dieses "kleinere Großturnier" aus eigenen Mitteln, d.h. ohne Unterstützung durch Mäzene finanzieren konnte. Wie dieses fast unglaubliche Wunder zustande kam, verschweigt er leider und vermerkt nur am Rande, dass die Turnierpreise sich in bescheidenen Grenzen hielten. Auch ihre Höhe kennt er nicht, nur der Schönheitspreis wird erwähnt. Er betrug ganze 5 Dollar, was darauf schließen lässt, dass der junge Schilling sich im Ausland noch keines großen Vertrauens erfreute. Auch der Gewinner des Schönheitspreises ist uns nicht bekannt. Das Turnier gewann mit 9 Punkten Großmeister Dr. Tartakower vor Großmeister Richard Reti (8½) und Großmeister Rudolf Spielmann (7½). Es folgten auf dem 4. und 5. Platz Großmeister Ernst Grünfeld und der ungarische Meister Lajos Steiner (je 7), auf dem 6. Platz Professor Albert Becker (6½), auf dem 7. Platz der Tscheche Karel Opocensky (6), auf dem 8. Platz Sandor Takacs (6), auf dem 9. und 10. Platz mit 3 Punkten der Wiener Fabrikant Siegfried Reginald Wolf (nicht zu verwechseln mit dem Großmeister Heinrich Wolf) und Felix Fischer vom Arbeiter-Schachklub, auf dem 11. Platz der ungarische Gutsbesitzer Julius von Patay mit 2 Punkten sowie nach sechzehnjähriger (!) Spielpause und als Schlusslicht der opferfreudige Dr. Theodor Gruber mit 1½ Punkten. Der Turnierbericht erwähnt als technische Neueinführung eine ununterbrochene Spieldauer von 6 Stunden (ohne Angabe der zu spielenden Zugzahl), nämlich von 17 bis 23 Uhr, was sich übrigens "glänzend bewährte". Besonderes Pech hatte Karel Opocensky, der gleich in der ersten Runde nicht nur ein für ihn besser stehendes Endspiel gegen Dr. Tartakower, sondern auch seinen Pelzmantel verlor.
In den folgenden 24 Jahren scheint der Name Carl Schlechters in den Wiener Turniertiteln nicht auf. Da beschloss der Vorstand des Schachklubs Hietzing anlässlich der Feier seines 25jährigen Bestehens 1946 so bald wie möglich ein großes Turnier zu veranstalten, das den Namen "Internationales Carl-Schlechter-Gedenkturnier 1947" tragen sollte.
Viele Österreicher und insbesondere viele Wiener erinnern sich nur allzu gut an diese Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, der ihrem Land und ihrer Stadt noch viel schrecklichere Wunden geschlagen hatte als sein Vorgänger. Es will uns daher fast als ein Wunder erscheinen, dass bereits am 7. April 1947 im Palais Coburg in Wien die erste Runde gespielt werden konnte. Nur der Energie, dem aufopfernden Fleiß, dem Organisationstalent und nicht zuletzt dem Optimismus des Klubvorstands und seiner Funktionäre konnte es gelingen, die zahllosen, fast unüberwindlichen Hindernisse wie Pass- und Verkehrsschwierigkeiten, Unterbringungs- und Verpflegungssorgen zu meistern. Amtliche und halbamtliche Stellen gaben in Erkenntnis der erzieherischen und völkerverbindenden Werte des königlichen Spiels größere und kleinere Subventionen auch einige Mäzene stellten sich mit Spenden ein , und so konnte das Werk gelingen.
16 Meister aus Ungarn, der Tschechoslowakei, der Schweiz und aus Österreich traten an. Sieger wurde mit 11½ Punkten der ungarische Großmeister Laszlo Szabo, gefolgt von dem Tschechen Cenek Kottnauer und dem Wiener Josef Lokvenc mit 10½ Punkten. Vierter wurde der Tscheche Karel Opocensky mit 10 Punkten, Fünfter der Ungar Ernö Gereben mit 9½ Punkten. Sechster und gerade noch Preisträger wurde Hans Müller mit 9 Punkten. Das Feld der Nichtpreisträger führte Großmeister Ernst Grünfeld an. Weitere Ränge siehe Tabelle.
Der Widerhall, den das Turnier im In- und Ausland gefunden hatte, ermutigte den
Schachklub Hietzing, schon für den
Bei der Eröffnung durch Bundesminister Dr. Migsch stellten sich 14 Meister aus der Tschechoslowakei, Jugoslawien, Ungarn und erstmals auch aus Italien ihren österreichischen Schachfreunden zum Kampf. Das Turnier wurde von Jan Foltys (Tschechoslowakei) und Stojan Puc (Jugoslawien) mit je 9 Punkten gewonnen.